Lightroom oder Capture One?
Sie sind sich nicht sicher, welche RAW Bearbeitungssoftware Ihre Bedürfnisse besser erfüllen kann? Oder welcher Anfänger tauglicher ist? Es gibt viele Bildbearbeitungsprogramme, deren Preise von kostenlos bis sehr teuer reichen.
Die beiden beliebtesten und bekanntesten RAW-Konverter dürften Lightroom und Capture One sein. Wobei Lightroom, je nachdem welche Statistik oder Umfragen man zu Rate zieht, mit etwa 35% ganz klar die Statistik anführt. Ein nicht ganz unwesentlicher Grund dürfte die Verwandtschaft zum hauseigenen Photoshop sein. Rechnet man das in Photoshop integrierte Modul „Camera Raw“ hinzu, dürfte in etwa die Hälfte der Anwender ihre Fotos mit dem Adobe Konverter bearbeiten. Capture One wird in etwa von 15% der Anwender für die Bearbeitung von RAWs verwendet. Jeder der Beiden hat seine Vor und Nachteile, ob einfachere Bedienung, Funktionsumfang oder das Preismodell.
Zunächst ist anzumerken, wenn ich von Lightroom schreibe, dass ich Lightroom Classic meine, da es von Lightroom mittlerweile eine weitere Version gibt, die sich einfach Lightroom nennt und eher die mobile Cloud Lösung ist.
Die Unterschiede
Einer der wichtigsten Unterschiede dürfte zum einen das Abo-Modell von Adobe sein. Lightroom gibt es in der aktuellen Version nicht zu kaufen, sondern nur im Abo. Die günstigste Abo-Variante wäre das „Foto-Abo“ für etwa 12€ im Monat. Enthalten sind Lightroom, Lightroom Classic, Photoshop, sowie 20 GB Cloud-Speicherplatz.
Capture One gibt es aktuell sowohl im Abo, so wie als Kaufversion. Zudem gibt es günstige Versionen für Fujifilm, Nikon oder Sony.
Lightroom ist auf eine SQL-Datenbank gestützt und damit Katalog basierend. Das bedeutet das Bilder die bearbeitet werden sollen erst in den Katalog importierte werden müssen.
Capture One bietet neben Katalogen auch Sitzungen an. Oder aber eine Ordnerstruktur in denen einzelne Fotos ablegt werden können und sie auch ohne Import bearbeiten werden können. Der Unterschied zwischen einem Katalog und einer Sitzung ist, dass die Sitzungen ehe für kleine Auftragsarbeiten wie ein Kunden-Shooting gedacht sind. Was soll ich auch mit Kundenfotos in meinem Katalog? Es sind also eine Art kleine einzelne Kataloge, die ich teilweise nur temporär brauche.
Lightroom ist in mehreren Modulen aufgeteilt unter anderem eine Bibliothek also die Datenbank, ein Entwickeln Modul, was ist der eigentliche RAW Konverter ist, ein Modul für Karten, Fotobuch oder Diashows so wie ein weiteres Modul für Druck und Web. Die Module können einzeln aktiviert oder deaktiviert werden. Capture One hingegen beschränkt sich hier auf das Wesentliche. Dort findet man die Bibliothek (Datenbank) und den RAW Konverter. Ein weiterer Vorteil von Lightroom ist die zurzeit große Auswahl an Plugins. Eine Plugin-Schnittstelle wie in Lightroom gibt es in Capture One aktuell nicht, es ist zwar möglich, z.b. die Nik Filter zu nutzen, allerdings nur über ein „Bearbeiten mit…“ Menü. Zudem gibt es in Lightroom mittlerweile eine Funktion für HDRs und Panoramas. Es gibt zwar aktuell immer wieder Gerüchte, dass Capture One da auch dran ist, in der aktuellen Version, die mir vorliegt, ist das zurzeit jedoch nicht der Fall.
Eine automatische Objektivkorrektur gibt es mittlerweile in beiden Convertern.
Die lokalen Anpassungen finde ich in Lightroom sehr viel einfacher und intuitiver gelöst. Die einzelnen Einstellebenen werden automatisch im Hintergrund angelegt, sodass sich der Anwender darum nicht kümmern muss. In Capture One müssen hingegen für lokale Anpassungen separate Ebenen angelegt werden.
In beiden Konvertern können Presets verwendet werden. Schnappschüsse sowie das Protokoll, was man aus Lightroom kennt, sucht man in Capture One vergeblich. Was die Perspektivkorrektur angeht, ist es in beiden Programmen sehr gut manuell möglich. Lightroom besitzt zusätzlich noch eine Automatik, die sehr gut funktioniert. Für jemanden, der viel Architektur fotografiert, sicher hilfreich.
Tethered Shooting bieten beide Programme, allerdings ist es in Capture One, meiner Erfahrung nach, um Welten besser als in Lightroom. In Capture One läuft es wesentlich stabiler und schneller.
In Sachen Export hat sich in Lightroom viel getan, die Performance ist mittlerweile nicht mehr wesentlich schlechter als in Capture One. Das ist aber nur meine Erfahrung auf meiner Hardware. Aber insgesamt kann ich sagen, dass Lightroom mit den letzten Versionen einiges an der Performance verbessert hat. Was in früheren Versionen ja immer ein riesen Manko war. Auch das Durchsehen von großem Bild Verzeichnissen mit großen Bilddateien ist mittlerweile halbwegs erträglich. Hierzu ist aber anzumerken, dass mein Rechner mittlerweile in die Jahre gekommen ist. Auf moderne Hardware ist die Performance sicherlich noch mal um einiges besser. Lightroom bietet mittlerweile während des Importes unter Vorschauen erstellen „Eingebettete und Filialdateien“, was ich auch empfehle zu aktivieren. Eingebettete Dateien, sind das eingebettete JPEG in der RAW-Datei.
Die Oberfläche von Capture One ist, im Gegensatz zu Lightroom, komplett anpassbar und individuell konfigurierbar. Der Anwender kann sich Werkzeugpaletten genau so anlegen, wie er sie für seinen Workflow braucht.
Die Bildqualität
Lightroom ist mittlerweile bei der Prozessversion 5 angekommen und bietet einige Neuerungen wie das Color Grading. Was den Dunst entfernen Regler angeht, hat der mittlerweile in Capture One Einzug gehalten. In Capture One nennt es sich „Dehaze“
Dunst entfernen einmal in Lightroom und einmal als „Dehaze“ in Capture One mit jeweils einem Wert von 50!
Wer mit beiden Anwendungen schon längere Zeit gearbeitet hat, merkt, dass sich der Bildlook deutlich unterscheidet. Man hat das Gefühl, dass bei den Hauttönen in den dunkleren Bereichen ein Grün/Gelbstich durchschimmert. Der Capture Konverter entwickelt das Bild kontrastreicher und in den Hauttönen stimmiger. Allerdings kann man das in Lightroom ähnlich einstellen und als Vorlage für Importe der Kamera festlegen.
Unten ein Vergleich eines unbearbeiteten Bildes der Hauttöne in den Standardeinstellungen.
Was Lightroom meiner Meinung nach in den Hauttönen etwas zu weich zeichnen, stellt Capture One etwas zu kontrastreich dar. Auch wenn mir die Farben der Hautbereiche und die Tonwerte der Haare in C1 in den Standardeinstellungen besser gefallen.
Color Grading
Beide Anwendungen bieten als Funktion Color Grading an. Lightroom hat in der aktuellen Version neben dem HLS/Farbe Modul das Color Grading neu hinzubekommen. Capture One
Capture One
Lightroom
C1 hat eine exzellente Tonanpassung, speziell für Hauttöne. Rote Hautbereiche oder einen Grünstich beim Shooting im Park kann man damit im Handumdrehen entfernen.
Schärfe und Kontrast
Lightroom hate in der Vergangenheit schwächen mit der Schärfung gehabt. Fast immer wurden die Bilder beim Nachschärfen griselig. Das Bokeh sah aus, als wenn man ein Korn hinzufügte. Da war Capture One um Welten besser. In der aktuellen LR Version hat sich einiges getan und das Schärfen ist sehr viel sauberer. Es sind ohne weiteres ähnliche Ergebnisse wie in Lightroom möglich. Die Beispielbilder sind in den Standardeinstellungen nur geschärft. Wobei Capture One schon in den Standardeinstellungen die Kontraste höher schraubt. Es sind in beiden Anwendungen durchaus identische Ergebnisse möglich. In der 100% Ansicht kann Capture One noch hauchdünn mit etwas mehr Details punkten.
Welcher ist nun besser?
Neu sind unter anderem auch ein HEIC-Support für das 8Bit Format von Apple und Pro Standard Kamera Profile, die man von Lightroom schon kennt. Allerdings werden zurzeit nur wenige Kameras unterstützt. Was sich mit der Zeit aber vermutlich noch ändern wird.
Wie immer, es kommt darauf an. Jemanden, der keine oder wenig Erfahrung mit der RAW Entwicklung hat, würde ich zu Lightroom raten. Auch wenn es nur das Abo Modell gibt, sind die 12€ im Monat nicht viel. Lightroom hatte als Kaufversion um die 130 – 140€ gekostet. Was ungefähr einem Jahresbeitrag des Abos entspricht. Die Updates haben, glaube ich, so mit 70€ zu Buche geschlagen. Die Kaufversion war also in der Tat etwas günstiger als die Aboversion. Beim Fotografen-Abo, ist aber noch Photoshop mit dabei. Photoshop hatte in der Version, wie sie im Abo angeboten wird mal etwa 1800€ gekostet. Jährliche Updates ungefähr ab 500€.
Die günstigste Abo-Variante bei Capture One ist aktuell eine Kameraversion für 18€ im Monat. Wer mehrere Kameras unterschiedlicher Marken verwendet, oder seine Kamera nicht unter den vergünstigten Versionen geführt wird, muss 24€ im Monat berappen. Beide Varianten werden noch als Kaufversion angeboten, einmal zu 170€ und 220€.
Bei Capture One ist kein Photoshop dabei, sodass man, sollte man Photoshop verwenden, ein weiteres Abo abschließen muss. Photoshop kostet einzeln 25€ im Monat. Nur in der Fotografenversion mit Lightroom kostet es 12€ im Monat. Man hat also in dem Falle Lightroom quasi kostenlos dabei. Was vielleicht auch die große Verbreitung gegenüber anderen RAW-Konverter erklärt.
Als Studiofotograf mit Nutzung von Tethered Shooting und wenn ich aus jedem RAW noch das letzte Detail herausholen möchte, präzise Farbanpassungen und natürliche Hauttöne möchte, mich auf die RAW-Entwicklung, ohne Schnickschnack beschränke, dann eher Capture One.
Mit beiden kann man aber sehr gute und ähnliche Ergebnisse erzielen. Adobe hat dabei vermutlich insgesamt das bessere Gesamtpaket und spricht ein breiteres Publikum an.